Zeremonien

Am Ostersonntag haben wir unser Eheversprechen erneuert.

Wir sind seit über 15 Jahren glücklich verheiratet. Zwischen uns gab es nie ein lautes oder ein böses Wort. Unsere Partnerschaft ist getragen von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung und die Liebe ist unser Fundament.

Im Jahr 2006 wusste ich noch nicht, dass es freie Trauungen gibt. Ich bin mehr als einmal zum Standesbeamten und habe meine Wünsche geäußert. Er hat sich am Hochzeitstag – krank gemeldet – und sein Kollege, den ich vorher weder gesehen noch gehört habe, hat eine gewöhnliche fast alltägliche Rede gehalten und vielleicht nur die Namen der Vorgänger geändert.
Seither trage ich diese Enttäuschung mit mir herum und es war noch der Wunsch in mir – eine persönliche Zeremonie – zu gestalten. Das fühlt sich für mich viel kraftvoller an, als eine gewöhnliche Trauung.

Ich dachte – ich frische meine Haarfarbe auf und meine Fingernägel – also warum nicht auch unser Eheversprechen auffrischen ?

Gestern sind wir mit unserer Freundin gesegelt und mitten auf dem Bodensee habe ich in einer Doppelrolle – als Traurednerin und gleichzeitig als Braut – einen wirklich persönlichen, intimen und sehr romantischen Augenblick für UNS kreiert.

Es war windig und stürmisch, aber während unserer Zeremonie – haben die Götter des Windes uns unterstützt und wir konnten unser Vorhaben in die Tat umsetzen und sogar genießen, bevor die nächste Windböe uns erwischte.

Das Leben hat uns mit ein paar Überraschungen an diesem Tag reich beschenkt und am Abend waren wir beseelt und glücklich über UNSEREN Tag.
Diese Erneuerung unseres Eheversprechens hat unserer Liebe und Partnerschaft nochmal eine Neue Kraft gegeben.

Was noch viel bedeutender für mich war, dass ich somit mein früheres, nicht so angenehmes Erlebnis – wie überschrieben habe.

Im Frühjahr 2018 haben wir uns entschieden an den Bodensee zu ziehen. Wir haben eine Wohnung gesucht und ein neues Leben gefunden.

Uns ist zwar bewusst, dass es im Herzen – keine Kilometer – gibt, aber gleichzeitig hatten wir beide den Wunsch, uns würdevoll von unseren Freunden zu verabschieden, weil wir so unendlich dankbar über jede einzelne Freundschaft und die gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen sind. Wir haben ein Fest organisiert. Ich glaube, dieses Abschiedsfest hat auch dazu beigetragen, dass wir einen kraftvollen Start am Bodensee erlebt haben.

Meine Freundin hat vor vielen Jahren ein Scheidungsfest gestaltet. Sie fand es seltsam, dass man den Start einer Ehe gebührend feiert – aber nicht das Ende würdevoll verabschiedet. Sie hat sich ein schwarzes und sehr elegantes Scheidungskleid gekauft. Außer ihrem Ehemann beziehungsweise Ex-Ehemann waren nur weibliche Gäste eingeladen, die ihr in ihrer schweren Zeit – eine große Hilfe und Unterstützung waren.

Heute – rückblickend – kann ich die Größe von ihr und in dieser Zeremonie erkennen.

Zeremonien gab es früher viel mehr. Heutzutage scheint es nicht mehr zeitgemäß.

Früher wurden auch Geburten noch ganz anders gefeiert. Ach Heute – scheint alles so normal und wir Menschen fühlen uns irgendwie intelligenter und abgeklärter, wenn alles normal für uns ist und selbstverständlich für uns ist.

Ich kenne einige tolle Menschen, die mal so geschwind – während ihrer Mittagspause geheiratet haben – also Hochzeit to go – oder so ähnlich. Natürlich hat jeder Mensch seinen eigenen Weg, den ich respektiere. Aber warum, entscheiden wir uns dafür und was steckt wirklich dahinter?

Die Wahrheit ist auch, wir berauben uns erhabener Augenblicke. Und dann suchen wir Menschen stattdessen – das Extreme.
Egal in welchem Bereich – das Extreme im Essen, das Extreme im Feiern oder in irgendwelchen Aktionen oder eben auch – wie wir Dinge darstellen.
Da ist der Hang zu Katastrophen und zu extremen Nachrichten immer größer geworden.
Ja – und so ohne dass es den allermeisten von uns bewusst ist – hat das auch damit zu tun – weil es sonst in unserem Leben – nicht mehr diese intensiv gelebten Augenblicke gibt.

So eine Zeremonie – kann mal wieder, ein intensiv gelebter Augenblick in unserem Leben sein.

Als Trauerrednerin habe ich das Geschenk, viele Trauerfeiern und Beerdigungen intensiv begleiten zu dürfen.

Also – es ist nicht nur schön für die Seele, die geht, dass sie würdevoll verabschiedet wird und sich durch diese Zeremonie auch für diese Seele nochmal zeigt, mein Leben hatte einen Wert. Und es ist nicht nur – ausschließlich für die, die zurückgeblieben sind gut, dass sie Zeit des Abschiednehmens haben. Es können diese Zeremonien – darüber hinaus – intensiv gelebte Lebensmomente sein.

Generell haben Zeremonien eine große Kraft.

Bedauerlicherweise leben wir in einem Zeitalter, zu mindestens in dieser Kultur, in der wir leben, in der Zeremonien immer weniger eine Rolle und Bedeutung haben.
Ja – wir Menschen wollen gerne abgeklärt erscheinen – und ach – das brauchen wir nicht – sagen die einen.
Die anderen sagen – wir machen jeden Tag zu einem Fest, aber verlieren sich dabei in der Gewöhnlichkeit.

So eine Zeremonie ist immer etwas Außergewöhnliches.
Und genau diesen Umstand – dieses Außergewöhnliche – dieses Anders – könnten wir zelebrieren.
Und die Zeremonie selbst wieder achten und ehren und sie wertschätzen.

Denn die letzten zwei Jahre haben wir erfahren, wie es sich anfühlt, wenn es gewünscht und angeordnet wird, dass sogar Weihnachten und Ostern eigentlich nicht gefeiert werden sollten.

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