Tango

Tango – war seine Leidenschaft

Der Valentinstag ist ein Symbol der Liebe und der Februar ist für mich ein Liebes Monat, weil er mir meine Liebe zum Leben symbolisiert.

Man erntet was man sät – heißt es doch. Was sollte ich im Frühjahr säen, damit ich im Herbst das dementsprechende ernte. Das bedeutet – was will ich denken – wie will ich handeln – wie will ich fühlen – um damit meine gewünschte Ernte anzuziehen? Was für ein Leben wünsche ich mir ?

Als Trauerrednerin versuche ich bei den Beerdigungen, die Essenz des gelebten Lebens, der Verstorbenen herauszufiltern.

In der westlichen Welt ist der Tod bedauerlicherweise ein Tabu Thema. Er wird ausgegrenzt. Es wird so getan, als ob er nicht wirklich zum Leben dazu gehört. Aber alles im Leben hat zwei Seiten. Vielleicht würden wir unser Leben nicht wertschätzen, gäbe es nicht den Tod.

Warum konnte man uns die letzten zwei Jahre so viel Angst mit dem Tod machen? Weil wir so wenig über den Tod wissen. Wir haben keine Sterbekultur. Und wir haben den Bezug zu unserem eigenen Körper und somit zu unserer Natur verloren.

Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Tod wieder ins Bewusstsein und somit ins Leben zu integrieren und ich werde zukünftig mit meinen Vorträgen über den Tod meinen Beitrag dazu leisten.

Letzten Dezember starb ein Freund von uns *Mohammad*

Seine Beerdigung hat mich sehr berührt und ich möchte heute – SEIN LEBEN – mit Dir teilen:

In Teheran, im Jahr 1978 hat er das Licht der Welt erblickt.

Tanzen, Musik und alles was Freude macht war da verboten. Machte man es doch, wurde man ins Gefängnis gesteckt und ausgepeitscht.

Deshalb hat er bereits als kleiner Junge, so ganz heimlich im Keller, den „Moonwalk“ von Michael Jackson getanzt.

Später als Jugendlicher und leidenschaftlicher Tänzer und Schauspieler wurde die Situation für ihn immer unerträglicher. Als Student ging er auf eine Demonstration für Menschenrechte. Die Demonstranten riefen – AZADI AZADI Freiheit Freiheit !! Für ihn ging es wirklich – um Freiheit oder Tod! Ein Leben ohne Freiheit – ist kein Leben!

Er wurde verhaftet, ins Gefängnis geworfen und sechs Monate lang gefoltert: ausgepeitscht, die Zähne ausgeschlagen, Schulter und das Bein gebrochen.

An den Folgen hat er im Späteren gelitten. Nur wenn er auf der Bühne war und tanzte, hatte er keine Schmerzen mehr. Da konnte er alles vergessen.

Gegen ein Bußgeld und einer schriftlichen Erklärung seiner Mutter, auf die weitere Ausübung von Tanz und Schauspiel zu verzichten, durfte er das Gefängnis verlassen.

Im Jahr 2002 wurde die Situation für den leidenschaftlichen Tänzer zu gefährlich und er musste aus dem Iran fliehen. Mit falschem Pass und unter falschem Namen wollte er nach Kanada. Doch das Schicksal hatte andere Pläne für ihn und die Flucht wurde in Deutschland unterbrochen. Die Weiterreise war ihm verwehrt.

Nun ging es für ihn von Asylbewerberheim zu Asylbewerberheim. Das hat ihn überfordert. Die Realität hat ihn schnell eingeholt und seine Vorstellung von Freiheit erhielt einen Dämpfer. In seinen eigenen Worten beschrieb er diese Zeit:

„Es fühlte sich an – wie ein Gefängnis ohne Gitter – ich komme in ein freies Land und darf nichts machen!“

Ohne Arbeit, ohne feste Tagesstruktur und ohne Tanzen in einem Flüchtlingsheim festgehalten – das war eine große Herausforderung für ihn.

2004 wurde sein Asylantrag abgelehnt.  Er lernte eine geniale Anwältin kennen und im Jahr 2006 wurde er schließlich als Flüchtling anerkannt. Das war ein großer Meilenstein in seinem Leben. Nach vier Jahren Kampf – war das seine zweite Geburt!

Er hat die erfolgreiche Flucht seiner ganzen Familie organisiert und finanziert.

Im Jahr 2010 erhielt er seinen deutschen Pass ausgehändigt.

Wertschätzender und Respektvoller Umgang war ihm sehr wichtig – wobei er in Deutschland – Respekt – neu definieren musste: zum Beispiel – dass man Frauen in die Augen schauen darf, das war ganz neu für ihn. Da wo er herkam, war das verboten.

Sein Abitur von Teheran wurde in Deutschland nicht anerkannt – und deshalb konnte er nur – Eurythmie – studieren. In Deutschland – im Land der Dichter und Denker – hat er die Fülle von Möglichkeiten entdeckt – seine Neugier und seinen Durst nach Wissen zu stillen und sich weiterzubilden und hat viele Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen.

Die Jahrzehnte waren geprägt von stetigem Lernen und studieren. Hatte er eine Ausbildung als Experte abgeschlossen, wurde er wieder zum Schüler und begann die nächste Ausbildung. Für ihn war sein WEG wichtig – und nicht das Ziel.

Erst in Deutschland hat er TANGO tanzen und lieben gelernt. Er tanzte Tango mit soviel Herzblut, dass die fast alle – ihn tatsächlich für einen echten Argentinier hielten. Als ob er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht hätte.

Als leidenschaftlicher und begeisterter TANGO-Lehrer hat er bei vielen vielen Menschen die ersten Schritte in die Tango Welt näher gebracht.

Als Choreograf hatte er eine große Freude mit Kindern zu arbeiten. Die Kinder sind so ehrliche, offen und neugierig und exakt diese Werte der Kinder trug er in seinem Herzen. Mit seiner Tanz Truppe begleitete er große Tourneen nach China, Korea, Georgien, Italien und andere europäische Städte.

Er hielt sich nicht an feste Normen und Regeln. Er war ein Freigeist. Er war ein Menschenfreund. Er liebte die Menschen. Für ihn war jeder Mensch – ein Kind Gottes.

Immer wieder über Grenzen zu gehen und sich selbst dabei immer wieder neu zu erfinden – das war das Größte für ihn. Er hatte einfach eine Freude am Feiern. Das Tanzen – das war wie seine Therapie. Das Erzählen mit dem Körper. Mit seinem Tanzen – die Menschen zu berühren und damit die Menschen zu bewegen – da gab er alles. Das sind die Augenblicke, in denen er sich ganz intensiv erlebte.

Für ihn – war Tanzen – wie die Luft zum Atmen. Es war sein Lebenselixier. Beim Tanzen konnte er seine Schmerzen ausblenden. Das Tanzen – ließ sein Herz höherschlagen – denn es brachte ihm die Freiheit – nach der er sich immer sehnte.

Freiheit – das war der Dreh- und Angelpunkt seines Lebens. Tanzen – war für ihn – die größte Freiheit.

Völlig unerwartet ist er im Dezember mit 43 gestorben.

Wer weiß – vielleicht tanzt er jetzt im Himmel – den Moonwalk – mit Michael Jackson in absoluter Freiheit !

Sein Leben ist ein wunderbares Beispiel dafür – was alles im Leben alles möglich ist, wenn man der eigenen inneren Wahrheit folgt, sie lebt, sie ausdrückt – wenn man seinem Herzen folgt, wenn man der Freude folgt – und sich nicht mehr von dem – was im Äußeren ist – fremdbestimmen lässt.

Und diese – seine Botschaft – ist heute – in dieser Zeitqualität – wichtiger denn je !!

Sein Lebensmotto:

WER die Musik mit dem Herzen hört- kann mit Gefühl tanzen

WER mit Gefühl tanzt – kommt in eine andere Welt – dort trifft er Gott

 

 

 

 

 

 

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